Von Robert Sedlaczek
Es ist zur Mode geworden, mit englischen Ausdrücken zu prunken.
Wann wird der Peak dieses Unsinns erreicht sein?
Die Krise ist vorbei, der Wirt- schaftsmotor ist angesprungen. Er läuft, stottert aber noch ein wenig. Das ist zur Zeit die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht lautet: Im heurigen Jahr wird die Arbeitslosigkeit trotzdem leicht ansteigen. Der Grund: Frauen, die in Karenz waren, Jugendliche, die in Ausbildungsprogramme gesteckt wurden, und Arbeitskräfte aus Ungarn, Tschechien und der Slowakei strömen auf den Arbeitsmarkt.
Diese Information habe ich in der vergangenen Woche einer mittäglichen “Zeit im Bild” entnommen. Stefan Gehrer hat dann noch zusätzlich einen sogenannten Livegast interviewt – einen Arbeitsmarktexperten.
“Und wenn das weiter steigt, wird ja dann irgendwann wahrscheinlich ein Peak, ein Höhepunkt, erreicht sein, wo es dann wieder abwärts geht, danach. Wann wird das sein?”
Ja, der Moderator hat wirklich Peak gesagt. Im ersten Moment habe ich mir gedacht: Das ist aber schlau. Er folgt dem rhetorischen Grundsatz: Spicke deine Rede mit ein paar Fremdwörtern, da freut sich der Zuhörer und denkt sich: “Toll! Er traut mir zu, daß ich mit diesen Ausdrücken etwas anfangen kann! Er hat mich richtig eingeschätzt, ich verstehe es. Ein patenter Kerl!”
Aber in diesem Fall hat der Fragesteller ja auch gleich die deutsche Übersetzung nachgeliefert: “Es wird irgendwann ein Peak, ein Höhepunkt, erreicht sein.” Und damit ist der ganze schöne Effekt zum Teufel. Er verwendet das Wort Peak, traut mir aber nicht zu, daß ich es verstehe! Er übersetzt es hintendrein, er hält mich für dümmer als ich bin. Und das werden wahrscheinlich auch andere Zuseher gedacht haben, das Wort Peak ist ja nicht so schwer zu verstehen.
Es könnte natürlich auch sein, daß der Moderator einfach mit seinen fulminanten Englischkenntnissen prunken wollte. “Seht her, ich spreche Englisch!” Oder: “Wenn man täglich die ‚New York Times‘ und die ‚Herald Tribune‘ studiert, dann kann es schon passieren, daß einem unversehens ein englischer Ausdruck rausrutscht. Shit happens. Mir ist das Wort ,peak’ so geläufig, daß mir ein deutsches Pendant erst einen kleinen Moment später eingefallen ist. Sorry!”
Auch Alfred Gusenbauer ist ja öfters ins Englische geschlittert, und auch er konnte nichts dafür. Ein Journalist musste ihn nur kurz antippen: “Fürchten Sie nicht, daß Ihr jüngster Vorstoß den Koalitionspartner auf das Heftigste irritieren wird?” Sofort setzte er ein vielsagendes Lächeln auf und meinte: “So what?” Und er war kein Einzelfall. Ich weiß einen Wissenschaftsminister, der ebenfalls auf englische Einsprengsel bedacht war. Prompt hat man ihn nach Brüssel geschickt.
Kehren wir zurück zum Anlaß meines Ärgers. Man könnte den hier zerpflückten Satz seines englischen Lehnworts berauben. Was bliebe dann übrig?
“Und wenn das weiter steigt, wird ja dann irgendwann wahrscheinlich ein Höhepunkt erreicht sein, wo es dann wieder abwärts geht, danach. Wann wird das sein?”
Sollten unsere Schüler im nächsten Pisa-Test diesen Duktus aufgreifen, würden sie bei der Sprachkompetenz zu Recht an letzter Stelle liegen. Kommt es mir nur so vor oder ist es wirklich so? Alles konzentriert sich auf das Erlernen der englischen Sprache – und gleichzeitig verkümmert die Ausdrucksfähigkeit im Deutschen.
* Robert Sedlaczek ist der Autor zahlreicher Bücher über die Sprache. Zuletzt ist erschienen: “Wenn ist nicht würdelos. Rot-weiß-rote Markierungen durch das Dickicht der Sprache”. (Vorgestellt in den Wiener Sprachblättern vom Juni 2010, S. 15)
No hay comentarios:
Publicar un comentario